Das Siebenbürgische Landeswappen ab ca. 1590



Bis zu den staatsrechtlichen Umwälzungen in Folge der Niederlage von Mohács 1526 war Siebenbürgen als Herzogtum oder 'Wojewodschaft' Teil des ungarischen Reiches und führte kein eigenes Wappen.
Der folgende Thronstreit zwischen Johann Zápolya, der sich der Hohen Pforte unterwarf, und Ferdinand I. von Habsburg gipfelte 1541 in der Besetzung der ungarischen Tiefebene und der Hauptstadt Ofen durch die Osmanen und vollendete die Trennung des mittelalterlichen Königreiches. Siebenbürgen wird bis zu seiner Eingliederung in das Habsburgerreich 1690 zu einem eigenständigen Fürstentum - tributpflichtig unter osmanischer Oberhoheit, aber mit weitreichender inneren Autonomie und außenpolitischer Handlungsfreiheit.
In der Zeit zwischen 1526 und 1590 wurde das Siegel des jeweiligen siebenbürgischen Fürsten als Landeswappen angesehen. Das später aufkommende Landeswappen ist zuerst um 1592 auf dem Siegel des Fürsten Sigismund Báthory zu sehen. Báthory ging ein Bündnis mit dem Kaiser gegen die Hohe Pforte ein und wurde dafür 1594 auf dem Reichstag zu Regensburg zum Reichsfürsten erhoben. Damit dürfte auch das siebenbürgische Wappen durch den Kaiser legitimiert worden sein. In das Siegel Báthorys sind ab 1595 zudem die Wappen der Walachei und Moldau integriert, da diese Báthory nominell als Oberherrn anerkannten. Ab dieser Zeit setzt sich für Siebenbürgen ein einheitliches Wappen durch.
Im Ringen zwischen Habsburg und den siebenbürgischen Fürsten mussten Titel und Rechte immer wieder ausgehandelt und bestätigt werden. So wurde auch das Wappenrecht Stephan Bocskays (siebnbürgischer Fürst 1605-1606) mit dem "Wiener Frieden" vom 23. Juni 1606 festgelgt. In diesem Vertrag wurde ihm die Verwendung des Wappens von Siebenbürgen gestattet, indem Bezug auf die Wappennutzung Sigismund Báthorys genommen wird: "Ratione Tituli conceditur ei is, quem Sigismundus Bathory habuit, ut nimiru[m] se Principem Imperij Transylvaniae, Siculorum Comitem, et partium Regni Hungariae Dominum nominare possit. Insignia similiter Transylvaniae gerat, quae Sigismundus Bathory habuit praeter gentilitia et alia eius adventitia." (Den Titel betreffend wird ihm [Bocskay] dasselbe zugestanden, was Sigismund Báthory zugestanden wurde, dass er sich nämlich einen Fürsten des Kaiserreichs und Siebenbürgens, Grafen der Szekler und Herr einiger Teile des Königreichs Ungarn nennen könne; desgleichen könne er das Wappen führen, wie es Sigismund Báthory gehabt hat, neben seinem Familienwappen und ihm zukommende Wappen.)

Das Siegel von 1592 entspricht beinahe der endgültigen Gestalt des Wappens, wie es durch das Diplom der Kaiserin Maria Theresia aus dem Jahre 1765, das Siebenbürgen zum "Großfürstentum" erklärte, in Form und Farbe amtlich festgelegt wurde. Dieses Wappen wurde auch 1874 als Teil des ungarischen Staatswappens bestätigt; 1921 wird es in das große rumänische Staatswappen inkorporiert.
Die Beschreibung des Wappens lautet: In dem durch einen roten Balken (Binde) geteilten Schild: oben in Blau einen halben ("wachsenden") schwarzen Adler golden bewehrt und mit roter Zunge, begleitet von einer goldenen Sonne rechts oben und einem abnehmenden silbernen Mond links oben (beide Gestirne weisen ein Gesicht auf); unten in Gold sieben rote Burgen oder Türme (4:3).
Vor 1765 gibt es immer wieder variierende Darstellungen des Wappens, sowohl was die Einzelheiten der Zusammensetzung als auch die Form-  und Farbgebung betrifft (so erscheint z.B. der (rote) Querbalken zuerst 1666 auf Münzen des Fürsten Michael Apafi).

Es ist davon auszugehen, dass die Siegel der drei Nationen (Ungarn, Sachsen Szekler), die diese als Landstände gebrauchten, in Beziehung zum Landeswappen stehen. Dabei hat A. Arz von Straussenburg in seiner Abhandlung "Beiträge zur Siebenbürgischen Wappenkunde" überzeugend dargelegt, dass das Landeswappen nicht aus drei als ursprünglich anzusehenden Wappen der Nationen zusammengesetzt wurde, sondern umgekehrt, die Nationssiegel unselbständige Teile des Landeswappens darstellen. Erst auf dem Mühlbacher Landtag im Jahre 1659 wurde beschlossen, dass jede der drei Nationen ein Siegel führt. Diese Siegel sollten bei der Ausfertigung des Landtagsbeschlüsse verwendet werden, um den Beschlüssen auch ohne Zustimmung des Fürsten Gesetzeskraft zu verleihen. Sie ersetzten damit nur in ihrer gemeinsamen Anwendung das fürstliche Siegel.

Ein nicht zu unterschätzender Faktor für die Festlegung auf ein einheitliches Wappen dürfte die Verwendung von Wappen zu Beginn der Neuzeit sein. Über die Verwendung im Kampf und auf Siegeln hinaus gewinnen Wappen zunehmend eine repräsentative Funktion. Ganz in diesem Sinne dürfte auch das Haus Habsburg Interesse gezeigt haben, alle seine territorialen Besitzungen - bzw. seine Ansprüche darauf - repräsentativ darzustellen.
Der moderne Buchdruck und der Wissendurst der Neuzeit befördern zudem Wappendarstellungen in Publikationen, wie z.B. Chroniken und historischen Abhandlungen, Flugschriften oder auf vielen zeitgenössischen Landkarten. Kaiser Rudolf II., in dessen Herrscherzeit sich das Wappen Siebenbürgens etabliert, war als Förderer der Wissenschaft und Kunstmäzen bekannt.
Vor 1592 gibt es eine auffällige Unsicherheit, welches Wappen Siebenbürgen zuzuordnen sei. Verschiedene Publikationen bevorzugen unterschiedliche Wappen. Der siebenbürgische Humanist und kaiserliche Gesandte Georg Reichersdorffer gibt in seiner Schrift "Chorographia Transylvaniae quae Dacia" von 1550 als Siegel der Provinz Siebenbürgen (Transsilvaniae Provinciae Insignia) das Wappen von Hermannstadt an: über einem Blätterdreick mit Spitze nach oben, zwei nach unten zeigende, gekreuzte Schwerter, darüber (hier über dem Wappenschild) eine Krone. Das gleiche Wappen für Hermannstadt hatte Honterus auf seiner Siebenbürgenkarte von 1532 gedruckt.
Reichersdorffer muss dennoch etwas verwechselt oder nicht genau einzuordnen gewusst haben, denn unmittelbar über dem Siegel ist als Wappen von Hermannstadt das eigentliche Wappen der Provinz Hermannstadt, das gekröntes Blätterdreieck, abbgebildet. Immerhin war es die sächsische Nationsuniversität und besonders Hermannstadt und Kronstadt die dem Kaiser lange Zeit die Treue hielten.
In der Ausgabe des Werkes "Tripartitum opus iuris consuetudinarii inclyti regni Hungarie" von 1572 des ungarischen Juristen und Diplomaten Stephan Werböczy ist auf der Titelseite, zwischen dem Wappen von Ungarn und der Darstellung Kaiser Rudolph II., das Wappen der Hermannstädt Provinz, wohl stellvertretend für ganz Siebenbürgen, dargestellt. Das Wappen der Provinz wurde seit dem Anschluss der übrigen Provinzen (Mediasch, Bistritz, Kronstadt) im 14. Jahrhundert auch als Wappen der Gesamtheit (Universität) des Sachsenlandes angesehen wurde.
Im 179 Jahre später erschienenen "Corpus Juris Hungarici" von 1751, das das Werk Werböczys enthält, ist neben den Darstellungen der Kaiser Ferdinand I. und Maximilian II. auch ein Wappen Siebenbürgens, sieben Gebäude auf je einem Hügel (3:4), dargestellt.
Stellvertretend für ganz Siebenbürgen tritt das Wappen Hermannstadts noch in Martin Schrots "Wappenbuch des Heiligen Römischen Reichs und allgemainer Christenheit in Europa" von 1581 auf. Das Wappen wird wie folgt beschrieben: "Sibenbürgen. Der ober schildt roth / der under blaw / der dryangel roth / die Cron gelb / und die Schwerdter Eyssen farb." Die bildliche Darstellung zeigt die Schwerter mit der Spitze nach oben und der Spitze des Blätterdreiecks nach unten gerichtet.
Als Wappen Siebenbürgens findet sich das Wappen der Hermannstädter Provinz inmitten des kaiserlichen Wappens von Maximilian II. auf einer Karte von Mathias Zündt "Nova totius Ungariae descriptio" von 1567. Diese Karte ist auch deshalb sehr interessant, weil sie neben dem beschriebenen kaiserlichen Wappen auch die Wappen von Hermannstadt (wie später bei Schrot beschrieben), Kronstadt, Mediasch und Klausenburg enthält, sowie zwei Wappen, die in unmittelbarer Nähe zueinander stehen und Zusammengehörigkeit signalisieren: das Wappen des "Weide", d.h. des Fürsten von Siebenbürgen Johann Sigismund Zápolya, und das Wappen "7burge", das im geteilten Schild: oben in Rot einen wachsenden blauen Adler; unten in Blau sieben Gebäude (Burgen) auf je einem Hügel (4:3) zeigt.
Zusammen mit dem Wappen eines siebenbürgischen Fürsten ist dieses Wappen noch in dem Buch "Chronologia. Das ist ein kurtze beschreibung deren Länder ..." des Levinus Hulsius von 1596 zu sehen. Hier ist über dem Wappen von "TRANSILVÃ" das Báthorische Familienwappen dargestellt.
Dadurch bestätigt sich der Eindruck, dass das Wappen Siebenbürgens schon in der Zeit vor 1592 - mit dem Adler im oberen Feld und den sieben Burgen im unteren Feld des Schildes - in enger Verbindung zu den Fürsten Siebenbürgens zu sehen ist.


Quellen & Literatur

· Albert Arz von Straussenburg,  Beiträge zur siebenbürgischen Wappenkunde, Siebenbürgisches
  Archiv 16, Köln/Wien 1981, S. 9-27.

· Dan Cernovodeanu,  Ştiinţa şi arta heraldicã în România, Bukarest 1977, S. 129-139 (Tafeln siehe
  S. 294-310).

· Eva Gyulai,  Die Wappenrepräsentation von Bocskai, in: Barta, Jatzlauk, Papp,  "Einigkeit und Frie-
  den sollen auf Seiten jeder Partei sein", Debrezin 2007, S. 33-51.

Quellen:

· Georg Reichersdorffer,  Chorographia Transylvaniae quae  Dacia olim appellata,  Wien 1550.

· Matthias Zündt,  Nova totius Ungariae descriptio accurata (Karte), Nürnberg 1567.

· Stephan Werböczy,  Tripartitum opus iuris consuetudinarii inclyti regni Hungarie,  Wien 1572.

· Stephan Werböczy,  Corpus Juris Hungarici seu Decretum Generale inclyti Regni Hungariae,
  I. Band, Tyrnau 1751, S. 355 und S. 516.

· Martin Schrot,  Wappenbuch des Heiligen Römischen Reichs und allgemainer Christenheit in
  Europa, München 1581.

· Levinus Hulsius,  Chronologia Das ist eine kurtze Beschreibung deren Länder, Nürnberg 1596.

· 1606 VI 23  Friede von Wien (Faksimile), siehe Leibniz-Institut für Europäische Geschichte Mainz,
  http://www.ieg-friedensvertraege.de/treaty/1606_VI_23_Friede_von_Wien   (abgerufen am  27. Fe-
  bruar 2012).